Armin Falk
Verhaltensökonom und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn
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Mein Buch ist 2022 im Siedler Verlag erschienen. Auf der Verlagsseite finden Sie weitere Informationen, unter anderem wo Sie das Buch bestellen können. Hier ein kleiner Einblick, worum es geht:
Forschung
Können Interventionen in die frühkindliche Entwicklung die Ungleichheit in Deutschland reduzieren? Wie beeinflussen Märkte und Organisationen unser moralisches Verhalten? Und lässt sich die weltweite Verteilung des Altruismus oder anderer ökonomischer Präferenzen messen? Das sind einige der Fragen, denen ich in meiner Forschung nachgehe.
Der Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Der Mensch ist das Problem – aber auch die Lösung. Ein zentraler Forschungsschwerpunkt meiner Arbeit ist deshalb die Erforschung klimagerechten Verhaltens aus verhaltensökonomischer Perspektive. Wie hoch ist die tatsächliche Bereitschaft der Bevölkerung, etwas gegen den Klimawandel zu tun? Welche Faktoren beeinflussen diese Bereitschaft, und wie kann man sie politisch nutzen und unterstützen?
In einer aktuellen Studie kommen wir erstmals zu dem Ergebnis, dass eine breite Mehrheit der Weltbevölkerung Klimaschutzmaßnahmen unterstützt und auch bereit ist, Kosten dafür in Kauf zu nehmen. Die Ergebnisse dieser Studie, erschienen in der renommierten Fachzeitschrift Nature Climate Change, basieren auf einer weltweit repräsentativen Umfrage, die in 125 Ländern durchgeführt wurde und für die knapp 130.000 Menschen befragt wurden. Es zeigt sich, dass 69 Prozent der Weltbevölkerung dazu bereit sind, einen Beitrag von einem Prozent ihres persönlichen Einkommens für den Klimaschutz aufzuwenden – ein beträchtlicher Betrag für den Klimaschutz. Allerdings wird diese Bereitschaft in allen untersuchten Ländern systematisch unterschätzt – mit fatalen Folgen.
Lesen Sie mehr hierzu in der Pressemitteilung der Universität Bonn. Und besuchen Sie gerne auch die Projekthomepage „Global Climate Change Survey“ mit interaktiven Karten und Länderrankings.
In einer weiteren Studie zeigen wir für die USA, dass Fehlwahrnehmungen über die tatsächliche Bereitschaft, den Klimawandel zu bekämpfen, weit verbreitet sind. Wir zeigen aber auch, wie diese Bereitschaft durch Information und Aufklärung kausal erhöht werden kann. Genaueres erfahren Sie im ECONtribute Discussion Paper No. 101 und in der zugehörigen Pressemitteilung der Uni Bonn.
Chancengerechtigkeit ist für mich eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ziele – Deutschland ist davon leider noch weit entfernt, denn der sozioökonomische Hintergrund bestimmt immer noch in erschreckendem Maße den Lebensweg unserer Kinder. Wie schlecht steht es um die Chancengerechtigkeit in Deutschland? Und was lässt sich tun, um soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten zu reduzieren?
Ein von mir initiiertes Forschungsprojekt gibt auf beide Fragen Antworten. Gemeinsam mit anderen Forscherinnen und Forschern habe ich das briq family panel ins Leben gerufen. Seit 2011 befragen wir jährlich rund 500 Kinder und ihre Familien. Die Interviews beinhalten experimentelle Spiele, um die Intelligenz und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder zu dokumentieren. Denn aus der Forschung wissen wir, dass unsere Intelligenz ebenso wie soziale und ökonomische Präferenzen und Eigenschaften – kurz gesagt, unsere Persönlichkeit – unseren Lebenserfolg maßgeblich beeinflussen. Und die Persönlichkeit entwickelt sich vor allem in den ersten Lebensjahren. Daher liegt hier ein besonders wichtiges Forschungsfeld.
Die teilnehmenden Familien haben wir je nach sozioökonomischem Status (gemessen am Bildungsniveau, Alleinerziehendenstatus und Einkommen der Eltern) in zwei Gruppen eingeteilt. So können wir untersuchen, inwieweit sich Kinder abhängig vom Status der Eltern unterschiedlich entwickeln. Daraus lassen sich wertvolle Einblicke in die Ursprünge von sozialer Ungleichheit in Deutschland gewinnen.
Zusätzlich hat ein zufällig ausgewählter Teil der Kinder aus sozioökonomisch schwächeren Haushalten an einem Mentoringprogramm mit dem Namen „Balu und Du“ teilgenommen. Im Rahmen von „Balu und Du“ wurden den Kindern im Grundschulalter ein Jahr lang eine Mentorin oder ein Mentor an die Seite gestellt. Dadurch soll der Horizont der Kinder erweitert und ihr Selbstvertrauen gestärkt werden. Diese Interaktion bringt neue Anregungen, Ideen und Ressourcen in den Familienkontext – beispielsweise die Erfahrung, auf dem Gymnasium oder der Universität gewesen zu sein. Mehr dazu finden Sie auf der Homepage von „Balu und Du“.
Anhand der jährlich erhobenen Daten können wir analysieren, inwieweit sich die drei betrachteten Gruppen unterschiedlich entwickeln. Der weltweit einzigartige Datensatz ermöglicht einen intensiven Blick auf die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und hilft uns zu verstehen, welchen Einfluss das soziale Umfeld auf diese Entwicklung nimmt.
In einer auf dem briq family panel basierenden Studie haben wir die Intelligenz und ökonomischen Präferenzen der teilnehmenden Kinder untersucht. Bereits im Grundschulalter zeigen sich gravierende Unterschiede zwischen Kindern aus Familien mit niedrigem bzw. hohem sozioökonomischen Status.
In weiteren Forschungspapieren analysieren wir, ob sich die beobachteten Unterschiede zwischen sozioökonomischen Gruppen mithilfe des Mentoringprogramms verringern lassen. So können wir zeigen, dass sich die randomisierte Intervention positiv auf die Bildungsmobilität in Deutschland auswirkt. Kinder aus sozioökonomisch schwächeren Familien, die einen Mentor oder eine Mentorin zur Seite gestellt bekamen, besuchen später signifikant häufiger das Gymnasium. Die auch von uns beobachtete Lücke zwischen Kindern aus sozioökonomisch stärkeren und schwächeren Familien beim Besuch des Gymnasiums lässt sich durch die Intervention halbieren.
Auch auf andere wichtige Faktoren hat das Mentoringprogramm einen positiven Effekt. So sind die teilnehmenden Kinder prosozialer, ehrlicher und besser darin, ihre eigenen Fähigkeiten einzuschätzen. Auch verringern sich Geschlechterunterschiede in den Gehaltserwartungen und in der Bereitschaft, mit anderen zu konkurrieren.
Die Chancenungleichheit in Deutschland ist ungerecht und ineffizient. Das Glück der Geburt sollte nicht unseren Lebensweg bestimmen. Meine Forschung zeigt, dass Investitionen in die frühkindliche Entwicklung dieser Ungerechtigkeit entgegenwirken können.
Sie möchten mehr darüber wissen? Dann werfen Sie gerne einen Blick in die betreffenden Forschungspapiere:
An der Aufgabe, Moral allgemeinverbindlich zu definieren, sind viele kluge Köpfe gescheitert. Dennoch hat sich eine Art Minimalkonsens gebildet, nach dem es unmoralisch ist, anderen absichtsvoll einen Schmerz oder Schaden hinzuzufügen.
Die Forschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass unser moralisches Verhalten schwankend ist. Im Prinzip sind wir immer beides: gut und böse. Unser Handeln ist dabei stark von den Umständen und der Situation, in der die Entscheidung getroffen wird, abhängig. Auch unsere Persönlichkeit und Emotionen spielen eine entscheidende Rolle. Meine Forschung versucht, die Komplexität moralischer Vergehen genauer zu verstehen. Dieses Wissen kann uns beispielsweise dabei helfen, fairere Märkte zu gestalten und unmoralisches oder schädliches Verhalten einzudämmen, etwa menschenfeindliche Arbeitsbedingungen oder umweltschädliches Verhalten.
Image Concerns
Ein wichtiger Treiber moralischen Verhaltens ist unser Wunsch, vor uns selbst und anderen als „guter Mensch“ dazustehen, also eine positive Reputation zu genießen. Zahlreiche Studien zeigen, dass das Streben nach einer guten Reputation dem prosozialen Verhalten Flügel verleiht. Doch wie sieht es mit der Selbstwahrnehmung aus? Um das herauszufinden, habe ich ein Experiment durchgeführt, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entscheiden mussten, ob sie für einen kleinen Geldbetrag einer anderen Person einen schmerzhaften Schock zufügen. Der Clou des Experiments: Bei einigen Probanden wurde mithilfe von Spiegeln und Webcams ihr Ichbewusstsein erhöht. Diese zufällig ausgewählte Teilgruppe musste bei der Entscheidung zwischen Eigennutz und Moral sich selber in die Augen blicken. Dabei zeigte sich, dass diese Personen weitaus seltener anderen einen Schock zufügten, also häufiger die moralisch motivierte Entscheidung trafen. Eine gesteigerte Selbstwahrnehmung im Entscheidungsmoment kann demnach moralisches Verhalten befördern. Solche „Image Concerns“ haben jedoch auch ihre Schattenseiten – vor allem dann, wenn unterschiedliche Selbstbilder miteinander im Konflikt stehen. So kann ich in einem Experiment zeigen, dass Menschen den Tod einer Maus eher mutwillig in Kauf nehmen, wenn sie sich selbst beweisen können, intelligent zu sein.
Macht Moral uns glücklich?
Die Verschmelzung von Glück und Moral ist eine schöne und weitverbreitete Idee. In einer Studie kann ich jedoch zeigen, dass uns moralisches Handeln nicht unbedingt glücklicher macht – im Gegenteil: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Experiments fühlten sich langfristig glücklicher, wenn sie einen Geldbetrag zur eigenen Verwendung erhielten, als wenn sie statt des Geldgewinns eine lebensrettende Spende auslösten.
Persönlichkeit
Menschen sind verschieden, auch was unsere prosozialen Eigenschaften angeht. Aus repräsentativen Umfragen lässt sich ablesen, wie unterschiedlich unsere altruistischen Veranlagungen sind und welche Faktoren eine Rolle spielen. Die Details dazu finden Sie in der Rubrik „Präferenzen“.
Eine umfassende Besprechung aktueller Forschungserkenntnisse aus Ökonomik und Psychologie zum Thema Moral finden Sie auch in meinem Buch Warum es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein … und wie wir das ändern können: Antworten eines Verhaltensökonomen.
Hier finden Sie schon jetzt einige meiner Forschungspapiere:
Ökonomische Präferenzen wie Geduld, Einstellungen gegenüber Risiko oder Prosozialität haben einen starken Einfluss auf verschiedene Erfolgsindikatoren. Geduldigere Menschen sind beispielsweise seltener in kriminelle Akte involviert, haben durchschnittlich höhere Bildungsabschlüsse, sind wohlhabender, gesünder und erfolgreicher im Beruf. Oder nehmen wir die Prosozialität: Indem Prosozialität zum Beispiel die Bereitstellung öffentlicher Güter oder die Einhaltung von Verträgen beeinflusst, liefert sie den Schmierstoff für das reibungslose Funktionieren unserer Gesellschaft. Auch auf das Individualverhalten wirkt sich unsere Prosozialität aus, indem sie etwa unsere Gesundheit, das Wohlempfinden oder den Erfolg am Arbeitsmarkt positiv beeinflusst.
In den ökonomischen Entscheidungsmodellen fanden solche Präferenzen lange keine Berücksichtigung. Dabei sind Motive wie Fairness oder Reziprozität wichtige Treiber menschlichen Verhaltens, wie ein großer Teil meiner empirischen Forschung zeigt. Anhand von Laborexperimenten oder repräsentativen Umfragen verdeutliche ich, welche Motive in ökonomischen Interaktionen eine Rolle spielen.
So habe ich gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen den Global Preferences Survey (GPS) initiiert, eine repräsentative Befragung von über 80.000 Individuen in 76 Ländern, die 90 Prozent der Weltbevölkerung und des globalen Einkommens abdecken. Diese einmalige Datenquelle ermöglicht innovative Forschung zum Einfluss ökonomischer Präferenzen auf die Entwicklung von Ländern und Regionen.
Im Ländervergleich zeigen sich eine ganze Reihe interessanter Unterschiede. Fangen wir bei der Geduld an: Hier liegen die europäischen Länder in der Spitzengruppe. Bei den prosozialen Präferenzen dagegen schneiden sie weniger gut ab. Die Bereitschaft, sich gegenüber anderen altruistisch zu verhalten, ist vor allem in asiatischen Ländern stark ausgeprägt. Wenn es um die Risikobereitschaft geht, weisen Länder aus Afrika und dem Nahen Osten im Durchschnitt besonders hohe Werte auf.
Größer als alle Länderunterschiede sind allerdings die Differenzen zwischen Individuen innerhalb eines Landes. Diese Unterschiede sind durchaus systematisch, so sind beispielsweise Frauen im Mittel geduldiger, prosozialer und risikoaverser.
Woher kommen die kulturellen Unterschiede in den Präferenzen? In einer Studie kann ich zeigen, dass die Migrationsdynamik des Homo sapiens die Ausprägung von Altruismus und Reziprozität ebenso wie Geduld und Risikoverhalten bis heute beeinflusst. Ein Grund sind prägende Lebensumstände, zum Beispiel die Art und Weise, wie unsere Vorfahren in vorindustriellen Zeiten wirtschafteten. So zeigt sich, dass Menschen aus Regionen, die in früheren Zeiten vermehrt Viehwirtschaft betrieben, eher bereit sind, unfaires Verhalten zu bestrafen und Rache zu üben.
Wenn Sie mehr über den Datensatz und die auf ihm basierende Forschung erfahren möchten, können Sie die GPS-Homepage besuchen.
Lesen Sie auch gerne die Forschungspapiere, um mehr über das Thema zu erfahren:
Forschungshighlights
Hier möchte ich auf einige ausgewählte Forschungspapiere eingehen, die mir besonders am Herzen liegen oder die einen besonderen Einfluss auf die ökonomische Literatur haben. Falls Sie sich für die komplette Liste meiner Forschungspapiere interessieren, besuchen Sie gerne meine englischsprachige forschungsorientierte Website.